Dieter Axmann
Fachanwalt & Strafverteidiger
Hohe Strasse 11
44139 Dortmund
Tel. 0231 / 39603700
Fax. 0231 / 53314420
NOTFALLNUMMER 0151 / 21822975
Als Anwalt ist es eine meiner täglichen Aufgaben, mit meinen Mandanten zu besprechen, ob eine Einlassung in der Hauptverhandlung sinnvoll ist oder nicht. Aus diesem Grund hier ein kleiner Überblick über meine anwaltlichen Überlegungen zur Rolle des Angeklagten Hauptverhandlung. Als Rechtsanwalt und Strafverteidiger ist es meine Aufgabe, in diesem Zusammenhang einen Blick auch auf die BGH-Beschlüsse 20.11.2019 - 2 StR 467/19 und vom 28.10.2020 - 5 StR 411/20 zu werfen.
Vor Beginn der Hauptverhandlung habe ich als Strafverteidiger geklärt, ob mein Mandant sich zu der Sache einlässt oder nicht. Für den Fall, dass den Mandanten eine Einlassung widerlegt werden könnte, rate ich ihm als Anwalt zu schweigen. Auch vor Gericht und in der Hauptverhandlung gilt, dass das Schweigen nicht zum Nachteil ausgelegt werden darf. Andersherum wird ein Geständnis jedoch immer strafmildernd zu berücksichtigen sein. Oftmals kann mit dem Gericht zuvor die zu erwartende Strafhöhe oder ein Strafrahmen im Falle eines Geständnisses besprochen werden. Diese Vorgehensweise bietet sich an, wenn der Mandant die Vorwürfe nicht bestreiten möchte und es darauf ankommt, trotz Schuldeingeständnis das bestmögliche Ergebnis zu erreichen.
Eine Einlassung muss nicht immer ein Geständnis sein. Oftmals ist es aus meiner Sicht als Rechtsanwalt sinnvoll, dass der Mandant auch seine Sicht der Dinge schildert. Dies gilt für mich als Anwalt auch dann, wenn diese Sicht eben gerade nicht mit der Anklage vereinbar ist. Sollten der Mandant und ich übereinkommen, dass eine Einlassung sinnvoll ist, spreche ich als Anwalt diese selbstverständlich mit dem Mandanten durch. Eine Einlassung im Strafverfahren heißt aber nicht zwangsläufig, dass auch Fragen beantwortet werden müssen. Dies ist sorgfältig abzuwägen. Sollen Fragen beantwortet werden, bereite ihn auf mögliche Rückfragen vor. Als Anwalt kann ich mit dem Mandanten entscheiden, ob Fragen des Gerichts, der Staatsanwaltschaft, eventuell der Nebenklage oder von Mitangeklagten, beantwortet werden oder nicht. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Fragen schriftlich an mich als Anwalt übergeben werden und ich diese mit dem Mandanten bespreche. Die Antworten erfolgen dann ebenfalls in Schriftform.
Formal sieht die Strafprozessordnung die Einlassung des Angeklagten nach Verlesung der Anklageschrift vor (§ 243 Abs. 5 StPO). Nach Anklageverlesung und Frage an den Angeklagten, ob dieser sich zum Anklagevorwurf äußern möchte, beginnt die sogenannte Beweisaufnahme (§ 244 StPO).
Dies heißt jedoch nicht, dass nicht auch zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Einlassung erfolgen kann. In einem vom BGH entschiedenen Fall hatte dieser sich mit dieser Situation auseinanderzusetzen (BGH Beschluss vom 28.10.2020 - 5 StR 411/20). In diesem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es um die Frage, ob eine späte Einlassung nachteilig für den Angeklagten gewertet werden darf.
Der BGH stellt klar:
Es ist unzulässig, aus der Wahrnehmung prozessualer Schweigerechte selbst Schlüsse zu ziehen. Das Tatgericht darf die Umstände der Einlassung berücksichtigen. Das Landgericht ist nicht gehindert, einer in Kenntnis der Ergebnisse der abgeschlossenen Ermittlungen und der Beweisaufnahme abgegebenen Schilderung einen geringeren Beweiswert beizumessen, wenn der Angeklagte bei diesem Kenntnisstand die Möglichkeit hatte, seine Darstellung an die bisherigen Ermittlungserkenntnisse anzupassen.
Fazit dieser Entscheidung ist somit: Sollte eine Einlassung erfolgen, ist der richtige Zeitpunkt einer Einlassung sorgfältig abzuwägen.
Sollte die Entscheidung sein, zu schweigen, gilt für meine Mandanten der anwaltliche Rat: „Achten Sie auch auf ihre Körpersprache.“ Dies hat seinen guten Grund. Immer wieder erlebe ich als Rechtsanwalt und Strafverteidiger Richter, die Mimik oder Gestik der Mandanten zum Protokoll diktieren.
Hinsichtlich der Frage inwieweit dies im Urteil gewertet werden darf, hat sich der BGH in der Entscheidung 20.11.2019 - 2 StR 467/19 dort Rdn. 6 wie folgt positioniert:
„... dass es (nonverbales Verhalten des Angeklagten Anm. des Verfassers) in seiner Äußerungsform eindeutig und erheblich ist und dass durch die Bewertung einer spontanen, unreflektierten und in seiner Bedeutung unklaren Körpersprache das Schweigerecht des Angeklagten nicht unterlaufen wird.“
Auf Deutsch: ein klares „es kommt darauf an.“
Als Anwalt und Strafverteidiger kann ich daher an meine schweigenden Mandanten nur einen einzigen vernünftigen Rat geben: Achten Sie auf ihre Körpersprache! Ein Nicken oder ein Lächeln in der Hauptverhandlung kann über Verurteilung oder Freispruch entscheiden.
Jetzt mag sich der juristische Laie die Frage stellen, wie es möglich ist, sich einzulassen, wenn man schweigt. Als Anwalt und Fachanwalt im Strafrecht ist meine Antwort: "Es geht!"
Ist es das Ziel meiner Strafverteidigung, eine Erklärung des Mandanten in die Hauptverhandlung einzuführen und ihn trotzdem vor Gericht schweigen zu lassen, gibt es verschiedene prozessuale Möglichkeiten, dies zu erreichen. Die Möglichkeiten, die ich als Anwalt habe, eine Einlassung meines Mandanten in die Hauptverhandlung einzuführen, ohne dass der Mandant sich selbst mündlich nach Anklageverlesung zur Sache einlässt, sind vielfältig und mannigfaltig. Die Darstellung der Möglichkeiten würde den Rahmen dieser Besprechung sprengen. Die Art und Weise ist immer eine Frage des jeweiligen Falls und ist mit dem Mandanten abzusprechen.
Axmann Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht aus Dortmund